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18. November 2015

 

 

Baugebot „Nördlich der Hauptstraße“ rechtswidrig

Berufungsinstanz verurteilt Gemeinde Iffezheim zur Rücknahme / Revision ausgeschlossen

Um die 90 unbebaute Grundstücke hatte die Verwaltung in den früheren Neubaugebieten gezählt. Im Baugebiet „Nördlich der Hauptstraße“ sollten keine Baulücken verbleiben, in welchen irgend wann einmal Kinder oder Enkel ihr Heim bauen sollen. Daher stellte der Rat an den zuständigen Umlegungssausschuß den Antrag, ein Baugebot zu erteilen. Der nur mit Gemeinderäten besetzte Ausschuß wollte der Bitte des Rates Folge leisten und ein Baugebot erlassen. Er verhedderte sich dabei in den Fallstricken der strengen Regularien und habe kein Baugebot erlassen, befand das Landgericht Karlsruhe. Die Berufungsinstanz beim Oberlandesgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Eine Revision ist nicht zugelassen.

Den Stein ins Rollen brachte ein unzufriedener Grundstückseigentümer. Nach dem Scheitern der freiwilligen Umlegung erhielten die Grundstückseigentümer im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Umlegung nur noch etwa 52% ihrer in die Umlegung eingeworfenen Flächen zurück. Knapp die Hälfte – und damit an der Grenze des vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß beurteilten Rahmens – wurde für öffentliche Flächen wie Lärmschutzwall, Straßen, Spielplätze und Grünanlagen eingezogen. Bereits dieser Verlust an seit Generationen in Familienbesitz befindlichem Grund und Boden hatte der Eigentümer als Unrecht empfunden. Hinzu kam, daß trotz der in Aussicht stehenden Wertsteigerung der Grundstücke, die Felder und Wiesen ihm weiterhin lieber gewesen wären. Das Faß zum überlaufen brachte die angedrohte Zwangsenteignung. Laut der Anlage „Bauverpflichtung und Ankaufsrecht“ zum Umlegungsplan, müßte er nach acht Jahren der Gemeinde das Grundstück zum Kauf antragen, sollte es bis dahin nicht bebaut sein. Hierzu wurde ein Vorkaufsrecht und eine Auflassungsvormerkung der Gemeinde im Grundbuch eingetragen. Diese Gängelung wollte er nicht auf sich beruhen lassen und ging vor das Landgericht Karlsruhe, das Vorgehen der Gemeinde gerichtlich klären zu lassen und bekam Recht.

Das Landgericht hatte der Gemeinde in einer mündlichen Verhandlung einen Vergleich unterbreitet, nach dem die Vormerkung im Grundbuch gelöscht werden und die Gemeinde die bisherigen Kosten des Verfahrens und die fälligen Notargebühren tragen sollte. Die Gemeinde lehnte diesen Vergleich mit Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz ab. Es solle keine Ausnahme vom Baugebot geben.

Am 6. November 2014 fällte das Landgericht dann sein Urteil: die Anlage „Bauverpflichtung und Ankaufsrecht“ sei rechtswidrig und verletzte den Grundstückseigentümer in seinen Rechten, insbesondere dem Eigentumsrecht nach Artikel 14 Grundgesetz, führte die Berufungsinstanz weiter aus. Das Langericht hob den Umlegungsplan für das betroffene Eigentum in Bezug auf die Verpflichtung zur Bebauung auf und verurteilte  die Gemeinde dazu, die Vormerkung im Grundbuchblatt zu streichen.  Es fehle der Verpflichtung die gesetzliche Grundlage, führt das Landgericht in seiner Begründung aus. Auf Grund der Formulierungen in der „Bauverpflichtung und Ankaufsrecht“ und das darin völlige Fehlen der Verweise auf die einschlägigen Paragraphen 59 und 176 des Baugesetzbuches ging das Gericht davon aus, daß der zuständige Umlegungsausschuß kein Baugebot erlassen hatte, zumal der Ausschuß die verpflichtete Erwägung der Rechtmäßigkeitsanforderungen nach dem Baugesetzbuch nicht angestellt habe. Das Gericht rügte weiterhin, daß entgegen der aufschiebenden Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung und trotz fehlender Bewilligung die Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen worden sei.

Die Gemeinde Iffezheim nahm das Urteil nicht an und ging in Berufung. Am 14. Oktober diesen Jahres fand die mündliche Berufungsverhandlung statt. Seitens der Gemeinde wurde hierbei die monierte Auflassungsvormerkung als Fehler der Grundbuchverwaltung erläutert. Mit Urteil vom 19. November 2015 wies das Oberlandesgericht Karlsruhe unter Vorsitz von Michael Knoblich die Berufung der Gemeinde Iffezheim ein  Jahr nach dem erstinstanzlichen Urteil zurück und ließ eine Revision nicht zu. Die „Anlage zum Umlegungsplan / Bauverpflichtung und Ankaufsrecht“ ist, wie in der Vorinstanz entschieden, rechtswidrig, da sie keine Begründung für den hoheitlichen Akt enthalte. Darüber hinaus sei der Umlegungsausschuß lediglich dem Antrag des Gemeinderates auf Erlaß eines Baugebotes gefolgt, ohne „den dringenden Wohnbedarf“ als Begründung für das Baugebot zu prüfen und die individuellen Interessen der Eigentümer zu berücksichtigen.  Der Umlegungsauschuß habe von seinem – rechtlich unabdingbar notwendigen - Ermessen keinen Gebrauch gemacht. Daher sei das Baugebot rechtswidrig, so die drei Richter.

Die Gemeinde wird sich wohl auf einen Ansturm zur Streichung der Auflassungsvormerkung wappnen müssen.

 

 
Euer Kommentar an Matthias

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