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19. September 2013

 

 

Überraschung im Untergrund

Nicht nur steinzeitliche Relikte hält der Untergrund als Überraschungen bereit. Auch Zeugen der jüngeren, unrühmlichen Vergangenheit schlummern im Grubenkies der Renngemeinde.

Beim Verlegen der Abwasserleitungen um Neubaugebiet stießen die Bagger der Firma Weiss in etwa zwei bis drei Metern Tiefe auf die massive Außenwand eines Gewerks des einstigen Westwalles. Seit Wochenmitte rückt ein Abrißbagger mit brachialer Gewalt den Überbleibseln des zweiten Weltkrieges zu Leibe. Neben den riesigen Bergen aus Mutterboden und Grubenkies türmen sich nun Brocken aus Stahlbeton an deren Fuße die alte Bunkertür liegt, an welcher der Historische Verein Rastatt Interesse hat.

Wie Heiko Hertrich, Juniorchef der gleichnamigen Kehler Abbruchfirma berichtete, wird es etwa 2,5 Tage dauern, den teil gesprengten Koloss aus dem letzten Krieg zu zerkleinern und abzutransportieren. Wie Hertrich weiter erzählte, seien die Erdbauer unvermutet auf das Überbleibsel des Nazi – Regimes gestoßen. Weitere Relikte des einstigen „unüberwindlichen Schutzwalls Deutschlands“, so Hermann Göring im Juli 1939, vermutet Hertrich im Baugebiet „Nördlich der Hauptstraße“.

Eine nicht grundlose Vermutung, hatte doch Leonhard Wagenbrenner im 9. Band von „Um Rhein und Murg“ 1969 drei Mannschafts-, Sanitäts- oder Versorgungsbunker, sowie eine Luftabwehrstellung auf dem Areal des künftigen Wohngebietes beschrieben. Laut den vorliegenden Unterlagen des Kampmittelräumdenstes handelt es sich um die Flak-Stellung, berichtete Ortsbaumeister Willi Laible.

Je nach Quelle schwankt die Zahl zwischen 68 und 78 Bauwerken des „Westwalls“ auf Iffezheimer Gemarkung, die ab 1938 entlang dem Rheinufer, in den Gestadebruch, auf freiem Feld oder im Wald errichtet wurden. Neben den örtlichen jungen Landwirten unter 21 Jahren waren etwa 500 Arbeiter aus allen Ecken Deutschlands am Bau der Festungswerke in und um das Renndorf beschäftigt. Die lokale Wirtschaft erlebte einen nie gekannten Höhenflug. Der „Grüne Hof“ verkaufte 1939 490 hl. Bier, berichtet Kurt Hochstuhl in seiner Ortschronik „Iffezheim, die Geschichte eines Dorfes am Rhein“. Die Gemeinde hatte die Festhalle für monatlich 500.- Mark an die „Deutsche Arbeitsfront“ vermietet und kassierte weitere 75.- Mark für die Überlassung des heutigen Bürgersaals als Einsatzzentrale.

Bereits vor der Kapitulation Nazi – Deutschlands am 8. Mai 1945, begannen die französischen Truppen in ihrer Besatzungszone damit, die Bunker und Verteidigungsanlagen zu sprengen, berichtet Wagenbrenner. Anfang der Fünfziger Jahre wurden die Bunker zur Schrottgewinnung ausgeweidet. Die systematische Räumung der Reste des „Germanischen Limes“ begann erst Mitte der Fünfziger, mit dem Ziel, zunächst Fahrrinne, Rheinufer und Hochwasserdämme wieder herzustellen. Auf Iffezheimer Gemarkung sind – neben den mit Erdreich überdeckten und vergessenen Relikten – noch gut eine Hand voll Ruinen zu finden.

 
Euer Kommentar an Matthias

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