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Musikunterricht zehrt an den Nerven
„Musik wird oft nicht schön
gefunden, Weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ diesen Reim von
Wilhelm Busch unterschreiben die Nachbarn der Grundschule Iffezheim
dick und fett. Insbesondere die Schlagzeugproben der „allegro
Musikschule“ zehren an den Nerven der Anwohner.
Für die Proben hat die allegro
Musikschule den ehemaligen, zur Hauptstraße zeigenden Konferenzraum
im Obergeschoß des neuen Grundschulanbau gemietet. Wöchentlich bis zu 27
Probestunden zählte die gegenüber der Schule wohnende Familie
Frank. Die Proben des Musikvereins hätten ihnen, auch wenn sie
zahlreicher geworden wären, nie etwas ausgemacht, zumal diese nur
vereinzelt angesetzt seien. Oft hätten die Fehler während des Übens
für reichlich Heiterkeit im Hause Frank gesorgt, berichteten Mutter
und Söhne. Die seit einigen Monaten bestehende Beschallung durch den
Unterricht der allegro Musikschule vom frühen Nachmittag bis
teilweise 21 Uhr sei jedoch unerträglich. Teilweise sei sogar am
Sonntag geprobt worden. Mit dem Musikverein seien sie sich auch immer
über das Schließen der Fenster einig geworden, so Maria Frank,
während Lehrer der Musikschule schon mal „pampig“ werden
konnten. Seit dem Ehrungsabend der Gemeinde Mitte Dezember, auf dem
die Betroffenen Bürgermeister Peter Werler auf den Lärm aufmerksam
gemacht hätten, herrsche zumindest sonntags Ruhe.

Man könne in Hof oder Garten nichts
arbeiten, ohne beschallt zu werden, schilderte Pia Zoller, Nachbarin
der Familie Frank. Immer öfter müsse sie ins Haus flüchten. Sie
sei mittlerweile ein nervliches Wrack und werde bereits nervös,
sobald das Licht in dem Proberaum im Obergeschoß des Neubaues
angehe. Selbst durch ihre geschlossenen Fenster höre sie die
Trommeln, die mit etwa zwanzig Wochenstunden achtzig Prozent des
Übungsumfanges ausmachten. Sie könne ihr zur Hauptstraße gelegenes
Wohnzimmer kaum mehr nutzen. Sie selbst höre im Haus keine (Radio-)
Musik mehr, so sehr sei ihr der Musikgenuß mittlerweile verleidet.
Eine Übungsstunde am Tag ließe sich
noch ertragen, so Pia Zoller, die permanente Beschallung über
Stunden koste sie jedoch „unmöglich viele Nerven“. Sie habe
gehofft, daß sich ihr Nervenkostüm über die Sommerferien erhole,
aber dieses zusätzliche Programm zum Schulbetrieb mache den
Anwohnern zu schaffen. Ihre Lebensqualität sei deutlich gesunken,
seit die Gemeinde den Konferenzraum im Grundschulneubau an die
allegro Musikschule vermietet habe. Der störende Musikunterricht
bemächtige sich vieler ihrer Gedanken.
Ihre Not hätten die Anwohner zum
Vierten Advent in einem gemeinsamen Brief Bürgermeister Peter Werler
und den Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat geschildert. Sie frage
sich, warum Musikunterricht nicht generell in den dem freien Feld
zugewandten Klassenzimmern der Haupt- und Realschule stattfinde.
Die Probleme an der Grundschule
kulminieren bei den Familien Reuss und Herr, die direkt neben dem
Grundschulneubau wohnen. Zu dem gerade noch erträglichen
Musikverein, würden sie über den allegro Musikunterricht hinaus,
seit Baufertigstellung zusätzlich durch die verschiedenen
Tanzgruppen des Turnvereins beschallt, wenn die Turner wieder einmal
vergäßen, die zu ihrem Grundstück gelegenen Fenster des
Turnschopfes zu schließen, schilderte Leonie Herr ihre Situation.
Ein Arbeiten im Garten sei bei dieser permanenten Beschallung ebenso
wenig möglich, wie das entspannte Sitzen im Wintergarten bei offener
Tür. Ein Rückzug ins Haus bringe auch nicht immer Linderung, denn
vor dem Haus herrsche reger Hol- und Bringverkehr der Eltern der
Grundschüler und Jungturner. Zum Schutz gegen das Geplauder und
Türenschlagen habe sie ihrer im Erdgeschoß wohnenden Mutter bereits
Schallschutzfenster einbauen lassen. „Ich bin eine alte Frau, ich
weiß gar nicht mehr, wohin ich flüchten soll!“ machte Mutter
Antonie Reuss ihrer Verzweiflung Luft.
Das rücksichtslose Parken nehme
täglich dramatische Formen an, berichtete Leonie Herr weiter. Zu
Schulbeginn oder -ende sei an ein Verlassen des Grundstückes nicht
zu denken. Selbst ihr Hof sei schon als Parkplatz genutzt worden. Von
den falsch parkenden Eltern ernte sie dann noch dumme Kommentare.
Ihre Frage, wie sie ihre Einfahrt und die eineinhalb zu ihrem
Grundstück gehörenden Meter Gehweg von parkenden Autos
freihalten könne, stoße im Rathaus auf taube Ohren, sagte Leonie
Herr. Vom Rathaus werde sie an die Polizei und von dort zurück an
das Rathaus verwiesen.
Bürgermeister Peter Werler wurde von
der Klage wegen des Unterrichtslärm durch die Musikschule, ein
Aushängeschild der Gemeinde, überrascht, wie er erzählte. Das
Schreiben fand er ohne viel Substanz. Er zeigte sich sicher, daß
keine Überschreitung der durch das Bundesimmisionsschutzgesetz
vorgegebenen Grenzwerte für ein Mischgebiet vorliege. Er müsse sich
jedoch zunächst selbst ein Bild machen. Er nehme die Sache ernst, so
Werler, sehe aber keine unüberbrückbare Situation, welche keiner
allgemein verträglichen Lösung zwischen Gewerbetreibendem und Anwohnern
zugeführt werden könne.
Etwas verwundert zeigte sich Andreas
Merkel, Inhaber der allegro Musikschule, daß die Proben seiner
Musikschule in der Grundschule zu einem Politikum aufgebauscht
würden. Er sei vor Ort gewesen und für ihn seien die Trommeln
unhörbar, was durch sein Dezibelmeßgerät bestätigt worden sei. Er
habe als Gewerbetreibender die Räume angemietet. Wer meine, er
verstoße gegen geltendes Recht, müsse die Polizei einschalten. Mehr sage er
dazu nicht. Im
übrigen sollten sich die Anwohner erkundigen, was erlaubt sei: 45
Dezibel zu jeder Tag- und Nachtzeit.
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