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Kein Chance für den ÖPNV
Vor zweieinhalb Jahren sei
das Projekt Schienenanbindung des Baden-Airparks nach
gut 15 Jahren Stillstandes wieder aufgelebt, führte
der Leiter der Planungsabteilung der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft,
der promovierte Ingenieur Reinhard Bickelhaupt, in das
Thema ein. Nach der langen Pause habe die Planung aktualisiert
werden müssen, insbesondere die bundesweit einheitliche
„Standardisierte Bewertung“. Deren Berechnungsmodus
habe sich grundsätzlich geändert. Bickelhaupt hob die
Bedeutung der Bewertung hervor, da sie allein entscheide,
ob ein Projekt gefördert werde oder nicht. Überwiege
der volkswirtschaftliche Nutzen, seien Zuschüsse zwischen
75 und 85 Prozent möglich.
Der volkswirtschaftliche Nutzen
der Investition ermesse sich aus einer Verringerung
der Fahrzeit, der Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs,
aber auch in der Verminderung von Schadstoffausstoß,
Verschleiß und Kraftstoffverbrauch durch die Verkehrsverlagerung
auf die Schiene. Durch die Aufwertung von Langstreckenfahrten
gegenüber Pendlern seien die beiden bisher als volkswirtschaftlich
sinnvoll eingestuften Streckenvarianten mit den Ortsdurchfahrten
Hügelsheim und Iffezheim, ob mit (Kosten 120 Millionen
Euro) oder ohne Anbindung (71 Millionen Euro) der Rastatter
Innenstadt, im Nutzen zurückgefallen und nicht mehr
förderfähig.
Ganz im Gegensatz zu der erst
im letzten Jahr seitens der Stadt Baden-Baden ins Spiel
gebrachten Variante (46 Millionen Euro) einer direkten
Anbindung an den Ooser Bahnhof. Da weniger als ein Viertel
der Fluggäste und Beschäftigten aus der Schiene Rastatt-Karlsruhe
stammten, sei für den Regionalbahn- und ICE-Halt Baden-Baden
ein weitaus höheres Fluggastaufkommen prognostiziert
als für Rastatt. Diese brächten ein Vielfaches an Gewicht
in die Waagschale, als die zahlreichen Pendler auf der
Rastatter Strecke, erklärte Bickelhaupt den Vorsprung
der Badner Variante.

Noch steht in den Sternen,
wann wieder Züge über die frei gehaltene alte Trasse
der Mittelbadischen Eisenbahn fahren
Als absehbar wurde, daß die beiden
ursprünglichen Varianten an der neuen Rechenmethodik
scheitern würden, sei eine weitere Rastatter Variante
geboren worden, die vom Bahnhof aus entlang der B36
mit Halten in der Rastatter Siedlung, bei Iffezheim
und Hügelsheim zum Terminal führt. Da die teuren Ortsdurchfahrten
eingespart und mit der verringerten Fahrzeit ein Zunahme
der Fluggäste vorausgesagt wurde, sei auch diese 45
Millionen Euro teure Strecke als förderfähig ermittelt
worden.
Für die Badener Variante seien
440 zusätzliche Fluggäste und ein Gesamtaufkommen von
täglich 1 600 S-Bahn-Nutzern errechnet worden, die dritte
Rastatter Variante komme auf 620 zusätzliche Passagiere
und 1 500 tägliche Fahrgäste in der Summe. Entgegen
der beiden nicht förderfähigen Varianten erreichten
die beiden zuletzt Vorgestellten die Marge von
2 000 Passagieren am Tag, ab denen eine Verbindung als
„Schienen würdig“ gelte, nicht, ließ Bickelhaupt den
Ballon platzen. Ob sie realisiert würden, hänge auch
von der in den nächsten vier Monaten zu erstellenden
betriebswirtschaftlichen Untersuchung ab, in welcher
die Betriebskosten den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf
gegenübergestellt würden. Letztendlich entschieden jedoch
der Landkreis und die Kommunen, ob sie die verbleibenden
zwölf Millionen Euro Investitions-- und die Folgekosten
tragen wollten, erläuterte Bickelhaupt auf Nachfrage
von Berthold Leuchtner (CDU). Der von Harald Schäfer
(SPD) eingebrachten Idee, durch Güterverkehr weitere
Nutzungsentgelte für die Strecke zu generieren, erteilte
Bickelhaupt eine Absage, denn die Förderung von Bund
und Land sei allein auf den Personenverkehr beschränkt.
Einigermaßen enttäuscht reagierten
die Räte auf das Ergebnis der vorgestellten Bewertung.
Hans-Jörg Oesterle (CDU) konnte nicht nachvollziehen,
daß Berufspendler, Schüler und Studenten so wenig Berücksichtigung
fanden. Hubert Schneider (CDU) kritisierte, daß der
alte Grundsatz „die Bahn müsse zu den Menschen“ nicht
mehr gelte und der Nahverkehr zu wenig berücksichtigt
werde. Bickelhaupt versicherte, daß dieser Grundsatz
für die KVV weiterhin gelte und er nicht nur zum Baden
Airpark fahren sondern auch die Menschen von unterwegs
mitnehmen wolle. Seiner Ansicht nach spiegle die standardisierte
Bewertung die Realität nicht wieder. Nach Meinung von
Karl-Heinz Schäfer (SPD) seien die vom baden-württembergischen
Verkehrsministerium vorgegebenen Passagierzahlen
von 2,5 Millionen in 2025 viel zu hoch angesetzt, weshalb
das Pendel nach Baden-Baden ausgeschlagen habe. Ins
gleiche Horn blies sein Fraktionskollege Jürgen Heitz,
der den Verantwortlichen unterstellte, das Ergebnis
nach politischem Willen schön gerechnet zu haben. Eindringlich
beschwor der Ingenieur auf Rückfrage von Meingold Merkel
(CDU) die Räte, die alte Trasse der Mittelbadischen
Eisenbahn weiterhin offen zu halten, denn so wie die
Neuerungen von 2006 an der „Standardisierten Bewertung“
die bisher favorisierten Streckenvarianten aus dem Rennen
geworfen habe, könne morgen eine geänderte Version der
Bewertung wiederum ganz andere Ergebnisse zeitigen.
Mit dem Versprechen, dem Rat über den weiteren Fortgang
auf dem Laufenden zu halten, schloß Werler den Tagesordnungspunkt
und ging zu Verschiedenes über.
Berhold Leuchtner forderte die
Verwaltung auf, zügig eine Geschwindigkeitsmessanlage
anzuschaffen, da die Klagen aus dem Weierweg über Raser
in der verkehrsberuhigten Zone ständig zunähmen. Die
Verwaltung sei sich über das Modell noch nicht ganz
schlüssig, entgegnete Werler, werde sich aber wohl für
ein Modell entscheiden, daß per lachendem oder traurigem
Gesicht dem Fahrer dessen Fahrweise signalisiere.
Hans-Jörg Oesterle schlug vor, das Gerät mit einem Speicher
für die Messungen zu ergänzen, um erkennen zu können,
ob die Tafel auf Dauer zu niedrigeren Geschwindigkeiten
führe.
Manfred Weber (FWG) regte an,
im Gemeindeanzeiger dazu aufzurufen, Bäume und Sträucher,
welche in die Gehwege wüchsen, zurück zu schneiden.
Des weiteren sei von Anwohnern des Wasserwerks im Mittelweg
kritisiert worden, daß die dortigen Birken zu
alt und zu groß geworden seien. Peter Werler versicherte,
daß die Bäume auf ihre Standsicherheit geprüft würden.
Meingold Merkel (CDU) erkundigte sich nach dem Stand
der Ergänzung der Schülerbeförderung ins Ried, welche
vor Kurzem bereits Thema im Rat gewesen sei. Peter Werler
entgegnete, daß derzeit die Kosten ermittelt würden,
es jedoch nicht Sache der Gemeinde sei, die Schülerbeförderung
zu finanzieren. Dies sei Aufgabe des Landkreises, mit
dem er die Angelegenheit schon seit längerem kontrovers
diskutiere.
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