Leidenschaftliche Musik
Einen Ostersonntag ohne Konzert
des Musikvereins kann man sich in Iffezheim kaum noch
vorstellen. Wie von Vorstand Manfred Burkard versprochen,
erlebten die Zuhörer einen Abend mit leidenschaftlicher
Musik aus aller Welt, der von Waltrud Godbarsen moderiert
wurde.
Mit leisen Flötentönen eröffneten
die Jungmusiker das kulturelle Großereignis und führten
die Zuhörer in die Geschichte der Wildpferde auf den
menschenleeren „Shackelford Banks“ ein, bevor die Trompeten
kraftvoll das Hauptthema anstießen und mit den Zuhörern
in den Westen der Vereinigten Staaten eintauchten. Mit
einer Vielzahl von Texturen und kontrastierenden Themen
erzeugte die Jugendkapelle die authentische Western-Stimmung
dieses Meisterwerkes von Jay Bocook.
Die Liebe der Gorilla-Mutter zu
ihrem menschlichen Baby beschrieb der Musikernachwuchs
in Phil Collins' „You'll be in my Heart“, der
Titelmusik aus Disneys Zeichentrickfilm „Tarzan“. Als
Zugabe ließen die Jungmusiker nochmals die Wildpferde
durch den Strandhafer galoppieren.
Eine wahre Herausforderung für
jedes sinfonische Blasorchester setzte das Hauptorchester
an den Anfang seines Programms: den fünften Satz „Cortege
from Mlada“ aus Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakows
Suite „Mlada“. Die am 1. November 1892 uraufgeführte
„Prozession der Ritter“ entstand aus Fragmenten eines
Projektes des kaiserlichen Theaters St. Petersburg,
das sich zum Ziel gesetzt hatte, eine an slawischen
Motiven ausgerichtete Ballettoper zu komponieren. Perfekt
setzten die Musiker die russische Seele im Wechselspiel
zwischen Großem und Kleinem Blech in Szene.
In der Konzertfanfare „Clouds
that sail in heaven“ (Todd Stalter) verwob das Orchester
die eingängigen Melodien der Hymne „Laßt uns erfreuen“
(Köln 1623) zu komplizierten und ausdruckstarken
Texturen, die passend zum Ostertag zum Lobe Gottes durch
die Festhalle schallten. Ganze Arbeit leistete hierbei
die Rythmusgruppe, die das Werk mit spannenden Synkopen
unterlegte.

Das eingängige Werk „Eire“ der
jungen Komponisitin Melanie Duonahue entführte die Zuhörer
in farbenfrohen Bildern durch die schöne Landschaft
der Grünen Insel und ließ sie die Ruhe dieses schönen,
lebenswerten Ortes spüren. Der dynamische Marsch lockte
zunächst mit seinem starken Trompetensatz an die felsige
Küste in Richtung Meer, wo dem Lauschenden der ferne
Klang von Querflöten ans Ohr drang, der ihn von Trommelwirbeln
begleitet, zum Feiern und Tanzen ins nächste Dorf einluden.
Michael Kamens Filmmusik zu „Robin
Hood, König der Diebe“ bildete den Schluß- und Höhepunkt
des ersten Teils. Die Musiker verstanden es unter der
Leitung von Friedel Seifert hervorragend, die Stimmung
und Tonalität des Mittelalters in die Festhallle zu
tragen. Rasante Rhytmusfolgen und berstende Fanfarenklänge
aus dem Großen Blech eröffneten den Liederzyklus. Ruhig
und lyrisch erzählten die Musiker von der Liebe zwischen
dem Rebellen und Marianne. Über den Hit „Everything
I Do, I Do It for You“, der in der Interpretation von
Bryan Adams Weltruhm erlangte, steuerte das Orchester
auf das komplexe und emotionsgeladene Finale zu, in
welchem es nochmals alle Register seines Könnens zog.
Kraftvoll schmetterte das Orchester
den Enthusiasmus, den Triumph beim Blick übers Tal,
auf die Bergwelt des Salzkammergutes, in der melodischer
„Montana Fanfare“ (Thomas Doss) in die Enge des Konzertsaales.
Das erhebende Gefühl grandioser Weite vermittelte sich
dem Publikum, das mit Vergnügen dem abwechslungsreichen
Stück bis zu den leise verklingenden Klarinettentönen
lauschte.
Der Marsch „High Society“ beschrieb
das unbeschwerte Leben der oberen Zehntausend. Klassische
Blasmusik, folgte eine von Norbert „Gälowitsch“ Gälle
1997 komponierte Polka, die er zu Ehren des todkranken
Ernst Mosch „Böhmischer Traum“ genannt hatte und mit
der Heizungsbauer einen Kulthit landete, der selbst
in den USA wie auch Down-Under in Disco-Zelten gespielt
wird.
Selbstverständlich durfte ein
Besuch der Rennbahn nicht fehlen und so hielten die
Musiker die Farben des Renndorfes beim „Iffezheimer
Galopp“ von Heinz Herrmannsdörfer im Arrangement von
Rolf Schneebiegl hoch.
Den
Klassiker für Xylophon schlechthin, Gustav Peters 1905
entstandene „Erinnerung an Zirkus Renz“, lieferte die
frenetisch gefeierte 16-jährige Alica Leuchtner ab.
Virtuos flogen ihre Schlegel über die Klanghölzer und
verwandelten die Festhalle in ein Zirkuszelt. Souverän
meisterte sie bei hohem Tempo die technischen Schwierigkeiten
des von Peter King arrangierten Galopps.
Mit der modernen japanischen Blasmusikkomposition
„Omens of Love“ von Hirotaka Izum, dem Dirigenten
des "Tokio-Kosai-Wind-Orchestra", endete das
offizielle Konzertprogramm.
Als Zugabe überzeugte ein weiters
Mal die Xylophon-Virtuosin, bevor das Orchester
mit der Ouvertüre zu Wilhelm Tell nochmals den stehenden
Ovationen Rechnung trug.
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