Stelldichein der Kunsthandwerker
All die unnützen, das Leben lebenswert
machenden, schönen Dinge boten die Künstler auf dem
Gelände der Rennbahn feil. Eines allerdings fehlte zum
Auftakt angesichts der nicht enden wollenden Regenschauer:
die handgeschöpften Gummigalloschen aus Naturkautschuk
und Glühwein, oder schlicht gesagt ein paar Sonnenstrahlen,
die Petrus dann Sonntags schickte und damit den Samstagsfrust
etwas verscheuchte.
Einige Lücken taten sich zwischen
den Marktständen auf dem früheren II. Platz der Rennbahn
auf und Jürgen Blank, Pressesprecher der „Gilde
der schönen Künste“ bestätigte, daß sechs der vorgesehenen
Künstler auf Grund von Pannen und persönlichen Schicksalsschlägen
abgesagt hätten. Die verbliebenen Aussteller fächerten
die große Bandbreite des Kunsthandwerkes bereits
am Eingang vor dem Besucher auf: Links Beate Geschko
mit ihren im Kaltsiedeverfahren gewonnenen Seifen, deren
Stand verführerisch nach Lavendel, Rosen und Anis duftete
und ihr gegenüber Hildegard Dill-Franke, mit ihren getöpferten
Tellern und Schalen und nicht zu vergessen den „Geiermännern“
die trotz starrer Mimik allein mit ihrer Körperhaltung
mehr ausdrückten, als Worte sagen könnten.
Tadek Golinczak zu finden war
nicht schwer. Der Besucher mußte nur dem Aufbrausen
der Kettensäge und dem Hämmern des „Spechtes“ folgen,
um dem polnischen Holzbildhauer umringt von Löwen,
Eulen, Kormoranen und Waldschraten hinter der Toto-Zentrale
beim Wirken über die Schulter zu schauen.
Elfenbeinschnitzerei las der verwunderte
Besucher über dem Stand von Bärbel Greiner und wunderte
sich, wie das bei den strengen Artenschutzabkommen denn
heute noch möglich sei. Frau Greiner klärte den Interessierten
gerne auf, daß es sich nicht um illegale Machenschaften
handele, sondern ihr Ausgangsmaterial die Stoßzähne
von vor zehntausend Jahren schockgefrosteten Mammuts
sei, die in Sibirien aus dem Eis gegraben würden. Mit
professionellem Zahnarztwerkzeug würde es zu kleinen
Figürchen, Anhängern und Broschen verarbeitet.
Auf Elfenbein präsentierte auch
Ok-Hee Hohwalter ihre blau-weißen Kammeen. Nach Iffezheim
begleitet wurde sie von ihrem Gold schmiedenden Mann
Jean Lousberg, der aus seiner „Drachenschmiede“ filigrane
Döschen und Federhalter aus Silber feilbot.
Massiver kam der Silberschmuck
von Helmut und Traudel Mamczek daher, deren wuchtige
Ringe und Medaillons von Edelsteinen und Ebenholz gekrönt
wurden.
Den Spagat zwischen Kunst und
Gebrauchskeramik meisterte Ulf Huppertz. Der in Achern
aufgewachsene Künstler gibt sich lieber unikaten Objekten
wie seinen Riesenameisen hin, als stupide Tassenkleinserien
zu produzieren, von denen ein Künstler im Übrigen kaum
noch leben könne.
Einen kleinen Eindruck, welches
Potpourri an verführerischen Düften das Städtlein Tengen
durchströmen muß, wenn Monika
Rehm ihre Rosengélées köchelt, hatte der Besucher,
als er um die Ecke der Totozentrale bog und vom überwältigenden
Duft blühender Rosen eingefangen wurde. Weit über zwanzig
Artikel von Rosensenf, Chutneys, Peelings über Seifen
bis zu Likören umfasst die Pallette der selbstzubereiteten
Duftkreationen, von denen der Pasant auch naschen durfte.
Ihr nächstes größeres Projekt sei ein Rosenrissotto,
verriet die Liebhaberin der Königin der Blumen.
Ihre Mützenkollektion aus anschmiegsamen
Filz präsentierte Elisbath Schenk. Wollfilz hatte es
auch Ulrike
Ay angetan, welche die Wolle jedoch zu blumigen
Acessoires verarbeitete.
Skulpturen als Ausgleich zum Pinselstrich
und photorealistische Pinselstriche als Ausgleich zur
Arbeit am harten Alabaster sind die beiden Pole zwischen
denen sich Ingrid Stanger bewegt. Wenn sich beide treffen.
enstehen plastische Bilder auf denen alte Fundstücke
die zweidimensionale Landwand sprengen.
Etwas fehl am Platze wirkte Eric
Alvarez, ein Franzose mit spanischen Wurzeln, dessen
überwältigenden, filigranen Skulpturen aus weißem Moselsandstein
und Bronze von Sujet, Format, Verarbeitung und gerechtfertigtem
Preis eher in einer renommierten Galerie als auf einem
Kunsthandwerkermarkt seine bewundernden Käufer gefunden
hätten. Die Enstehung der Welt ist einer seiner künstlerischen
Schwerpunkte. Herausragend neben seiner „Genesis“ die
Spirale des Lebens aus deren leerer, leblosen Mitte
heraus sich perfekt den Rundungen des steinernen Schneckenhauses
anpassenden, gegossene Bronzetafeln als Legende des
Lebens beginnend mit Bakterien und Algen, über Moluskeln,
Schnecken, Fischen, Dinosaurier, über die Affen bis
zum Menschen als Krönung der Schöpfung, die Stationen
des Lebens auf unserem Planeten nachzeichneten. Die
Skulpturen des Autodidakten werden am 5. Oktober in
der Baden-Badener Innenstadt zu sehen sein.
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