Ratssitzung 02. Juni 2008
Iffezheim keine Insel der Glückseligkeit
Sehr überrascht zeigten sich die iffezheimer Räte,
als Polzeioberkommissar Roy Zilius seine Ausführungen
mit einer Grafik beendete, aus der hervorging, daß in
der Renngemeinde das Verhältnis der Zahl der Straftaten
zur Einwohnerzahl über dem Durchschnitt der Polizeidirektion
Rastatt liege.
Insbesondere zwischen 2005 und 2006 habe es einen
starken Anstieg der erfassten Straftaten gegeben, erläuterte
Oberkommissar Zilius das vorgelegte Zahlenwerk. Dies
müsse nicht bedeuten, daß Iffezheim unsicherer geworden
sei. Es könne auch daran liegen daß mehr Geschädigte
Delikte zur Anzeige bringen, die sie früher auf sich
hätten beruhen lassen. Zilius begrüßte dieses Verhalten
und forderte die Einwohner auf, alle Straftaten anzuzeigen.
Insgesamt habe die Zahl der Zuwiderhandlungen in
Iffezheim 2007 mit 317 um etwa 10 % unter der des Vorjahres
gelegen. Der Anstieg der Körperverletzungen von 18 auf
30 Taten für sich allein sei noch nicht dramatisch,
so der Oberkommissar, denn eine einzige Massenschlägerei
unter Jugendlichen in der Festhalle oder auf einen Gartenfest
ziehe Anzeigen gegen jeden Beteiligten nach sich und
triebe die Zahl nach oben.
Der extreme Anstieg bei den Diebstahlsfällen und
KFZ-Einbrüchen führte Zilius auf „reisende Tätergruppen“
zurück, denen schwer beizukommen sei, weshalb die Aufklärungsquote
zunächst sehr niedrig sei. Bei Aufgriff einer solchen
Gruppe könnten jedoch oft gleich Hunderte von Straftaten
auf einmal aufgeklärt werden. Der Rückgang bei den Betrugsdelikten
sei vor allem auf die neue Tateinschätzung der Staatsanwaltschaft
im Bereich Internetkriminalität zurückzuführen. So würden
einzelne Downloads von Musik oder Filmen nun als
privatrechtliche Angelegenheit betrachtet und nur Massendelikte
strafrechtlich verfolgt.
Die Unfallstatistik verzeichne für Iffezheim einen
weiteren Anstieg der Unfallzahlen, der mit einem Anstieg
bei den Personenschäden einhergehe, ging Roy Zilius
auf die Verkehrszahlen ein. Glücklicherweise stagniere
die Zahl der Unfalltoten. Erfreulicherweise sei die
Zahl der Radfahrer- und Schulwegunfälle rückläufig.
Über ein Drittel der vom Polizeiposten Iffezheim,
der auch für Wintersdorf und Hügelsheim zuständig ist,
aufgenommenen Straftaten entfielen auf die Gemarkung
Iffezheim.
Personell stünde der Posten Iffezheim
mit seinen drei Beamten mit dem Rücken an der Wand,
so Zilius auf Nachfrage von Manfred Weber (FWG). Eine
personelle Aufstockung sei im derzeitigen Gebäude nicht
möglich, da es selbst für drei zu klein sei.
Sanierung Weierweg nimmt Fahrt
auf
Zwei weitere Sanierungsprojekte
wurden in der Renngemeinde in Angriff genommen. Knapp
800 000 Euro werden in die Sanierung des Weierweges
fließen. Für etwa 300 000 Euro wird das „Ärztehaus“
auf Niedrigenergiestandard gebracht.
Ingenieur Wunsch vom Ingenieurbüro
Wald & Corbe stellte die Planung für die Sanierung
des etwa fünf Jahrzehnte alten Weierweges vor. Im Untergrund
sei der Austausch des Mischwasserkanals und der Trinkwasserversorgung
vorgesehen, die anderen Versorger wie Stadtwerke Baden-Baden
(Gas), Energie Baden-Württemberg, Deutsche Telekom und
Prima Com (Kabelfernsehen) hätten keinen Bedarf angemeldet.
Gemäß neuesten Hydraulikberechnungen würden einige Abschnitte
des Abwasserkanals mit einem größeren Durchmesser versehen.
Oberirdisch seien einseitige Parkierungsflächen
und Baumstandorte entlang der künftig niveaugleich ausgebauten
Anliegerstraße geplant. Insgesamt seien 14 Parkplätze
und 5 Bäume, davon vier auf der Südseite, vorgesehen.
Durch mehrmaliges Wechseln der Parkierungszonen von
einer Straßenseite auf die andere, werde die Fahrbahn
mehrfach verschwenkt und damit die Durchfahrtsgeschwindigkeit
gedrosselt.
Als Alternativen für die Oberfläche
der Fahrbahn wurden eine Pflasterung wie in der Kapellen-
und Siedlungsstraße oder eine Asphaltdecke, wobei die
Kreuzungspunkte durch rotes Pflaster als Gefahrenzone
hervorgehoben würden, wie es in der Lutherstraße der
Fall sei, vorgeschlagen. Die Lösung mit der Asphaltdecke
habe einen Kostenvorteil von 14 000 €, so der Planer.
Aus dem Rat wurden Stimmen laut, den Anschluß
an den Wittweg ebenfalls durch rote Pflasterung als
Gefahrenstelle hervorzuheben. Wie Wunsch ausführte,
seien Teile des Belags im Anschlußbereich des Wittweges
erst vor einigen Jahren aufgebracht worden und es betände
kein Bedarf, diese zu erneuern. Das Ingenieurbüro wurde
beauftragt, sich Gedanken über die Verkehrsführung in
diesem Bereich zu machen.
Die Verwaltung präferiere die
durchgehende Pflasterung, ergänzte Bürgermeister Peter
Werler. Der Rat folgte dem Vorschlag der Verwaltung
den Fahrweg wie in der Kapellenstraße zu pflastern und
stimmte der Planung zu. Als ersten Schritt zur Kosteneinsparung
bei der Grünflächenpflege stimmte der Rat dafür, die
Bäume anstatt in einem Pflanzbeet mit Unterwuchs, mit
Baumscheiben aus Beton zu fassen. Insgesamt veranschlagten
die Planer 760 000 € für die gesamte Sanierungsmaßnahme.
Die bisher auf den 12. Juni 18:00 festgesetzte Anwohneranhörung
wird auf Hinweis von Hans-Jörg Oesterle neu angesetzt,
da zu der geplanten Zeit das EM-Spiel Deutschland gegen
Kroatien ausgetragen wird.
Ebenso einstimmig beauftragte
der Rat das Architekturbüro Nobert Jakob mit der Sanierung
des als „Ärztehaus“ bekannten gemeindeeigenen Wohnhauses
Hauptstraße 16. Wie Bürgermeister Peter Werler erläuterte,
sei die Sanierung des „Ärztehauses“ im Bauausschuß vorberaten
worden. Hierbei habe der kuppenheimer Energieberater
Michael Zierl erörtert, daß mit den entsprechenden Maßnahmen
nahezu der Niedrigenergiestandard der gültigen Energieeinsparverordnung
erreicht werden könne. Dazu müsse die Kellerdecke ebenso
wie das Dach gedämmt werden. Neben dem Einbau neuer
Fenster, müsse auf die Fassade ein Vollwärmeschutz aufgebracht
werden. Durch entsprechende Profile könnte die Optik
der Sandsteingewänder erhalten bleiben. Insgesamt veranschlagten
die Planer für die Sanierung einen Kostenaufwand von
ca. 280 000 €. Einstimmig schloß sich der Rat den Ausführungen
der Planer an.
Wie im Bebauungsplan vorgesehen,
werden nun Teile des Baugebietes „Südlich der Hauptstraße“
als verkehrsberuhigte Zone ausgewiesen. Einstimmig beschloß
der Rat der Renngemeinde, an Kolbe-, Kolping- und Schwarzwaldstraße
die rechteckigen blauen Schilder aufzustellen, womit
den Kinder nun offiziell erlaubt wird, was oft schon
gang und gäbe ist: auf der Straße zu spielen. Da viele
Autofahrer trotz der Beschilderung weit mehr als Schrittgeschwindigkeit
führen, forderte Berthold Leuchtner (CDU) die
Verwaltung auf, im Gemeindeanzeiger die Bedeutung der
Schilder zu erläutern.
Als nicht mehr zeitgemäß, bezeichnete
Bürgermeister Peter Werler die an den Ortseingängen
aufgestellten Veranstaltungstafeln, die auf Grund ihres
Alters eine Sanierung nötig hätten. Der vorberatende
Bauausschuß empfehle dem Gemeinderat die Anschaffung
neuer Veranstaltungstafeln, auf denen das neue Logo
der Gemeinde zum Tragen käme. Eine Tafel schlage mit
3 000 € zu Buche. Die Vereine könnten zu 25 €
eine Grundplatte in Größe DIN A2 erwerben.
Für gut 73 000 € wurde die Firma
Ossala aus Waldulm als günstigste von sieben Bieterinnen
mit der Sanierung der Ostkurve der Industriestraße einstimmig
beauftragt.
Als Haupt- und Hilfsschöffen für die Strafkammern
und Schöffengerichte schlug der Gemeinderat für Iffezheim
dem Präsidenten des Landgerichts Baden-Baden Jürgen
Heitz, Rainer Schmidt und Bernadette Stüber vor.
Schlechte Nachrichten für die Bewohner des Baugebietes
„Südlich der Hauptstraße“: Wie Bürgermeister Werler
auf Nachfrage mitteilte, bestünden keine rechtlichen
Möglichkeiten mehr, das planende Ingenieurbüro und die
ausführende Firma für die Mängel bei der Einrichtung
der Straßen im Baugebiet haftbar zu machen. Daher hätten
die Einwohner anteilig die zusätzlichen Kosten von etwa
70 000 € zu berappen.
Denkpause bei Ortskernsanierung
Weil Bürgermeister Peter Werler
bisher keine großzügige Mehrheit im Gemeinderat für
die von ihm präferierte Turmlösung fand, soll nun von
den Planern die Lösung der Integration des Ratssaales
in ein multifunktionales Bürgerhaus mit Bibliothek skizziert
und deren Kosten inklusive des Umbaus des bisherigen
Plenarsaales in Büros geschätzt werden. Auf Basis dieser
dann umfassenden Informationen solle der Rat dann seine
Entscheidung über die künftige Ortsmitte treffen.
Eine recht umfangreiche Sitzungsvorlage
mit seiner Sicht der Dinge hatte Bürgermeister Peter
Werler im Vorfeld den Räten zukommen lassen, welche
er in der Sitzung ergänzte. Seit Dezember 2007 habe
sich der Rat intensiv und konstruktiv mit den einzelnen
Planungsabschnitten der Ortskernsanierung auseinander
gesetzt. Er selbst plädiere für die große Lösung in
der vom Gemeinderat festgelegten Reihenfolge: Rathausanbau
mit Turm, Straßenneuordnung und abschließend das Bürgerhaus.
Seiner Meinung nach seiem ihm
und den Planern durch den Turm als Bindeglied eine glückliche
Symbiose zwischen Rathausalt- und Neubau gelungen. Zwar
seien durch die Planung Flächen entstanden, die originär
und aktuell nicht benötigt werden, die Gemeinde müsse
jedoch den Eventualitäten der Zukunft Rechnung
tragen. In seinen Augen, so Werler, besitze der Rathausturm
mit seinem Turmzimmer einen besondern Charme, welcher
die Ortsmitte zum repräsentativen Zentrum aufwerte:
Iffezheim stünde er sehr gut an.
Nach intensiver Diskussion ständen
sich derzeit Gegner und Befürworter der großen Lösung
nahezu gleich stark gegenüber und es sei derzeit kein
breiter Konsens erzielbar, stellte Werler fest. Daher
schlage er dem Rat entgegen der Beschlußvorlage, welche
eine Absegnung der Turmlösung vorsah, vor, zwei weitere
Varianten von den Planern untersuchen zu lassen. Zum
einen sei dies der Bau einer reinen Bibliothek für 10
000 Bände auf dem Gelände des alten Feuerhauses, zum
anderen den Bau eines Bürgerhauses auf eben diesem
Areal. Das Bürgerhaus solle neben der Bibliothek multifunktional
nutzbare Räume beinhalten, in denen der Rat tagen würde.
Der alte Ratsaal werde dann Büros weichen. Eine neue
Polizeistation entfiele bei dieser Planung. Wie Werler
ausführte, müßten die Kosten für den Umbau des Ratssaales
und den barriefreien Zugang in das Rathaus mit in die
Kostenkalkulation der letztgenannten Variante einbezogen
werden.
Die zwei bis drei Monate für die
Planung solle sich der Rat nehmen, um zu einem Konsens
zu kommen, beendete Peter Werler seine Ausführungen.
Meingold Merkel begrüßte, daß
die Vorschläge aus dem Rat in die Alternativen eingeflossen
seien. Durch die zusätzlichen Alternativen böte sich
dem Rat eine breitere Entscheidungsgrundlage und er
könne die für Iffezheim beste Lösung auswählen. Merkel
betonte, nicht der Bürgermeister, sondern die Gemeinde
baue die Ortsmitte.
Manfred Weber (FWG) bedauerte
den Zeitverzug und zeigte sich zuversichtlich, daß die
bestehenden Zweifel ausgeräumt würden und eine breite
Mehrheit für die große Lösung stimmen werde.
Harald Schäfer (SPD) dankte dem
Bürgermeister für dessen Einlenken und die Denkpause.
Schäfer regte an, den Polizeiposten in das Bürgerhaus
zu integrieren, da das Gelände des alten Feuerwehrhauses
groß genug dafür sei. (Eine Lösung, die vor fast einem
Jahr bereits auf einem Treffen der CDU – Fraktion mit
interessierten Bürgern erarbeitet worden war).
Hans-Jörg Oesterle warnte die
Räte davor, den Polizeiposten zum Maß aller Dinge zu
machen. Auch er wolle den Polizeiposten in Iffezheim
halten, es gäbe aber genug private Immobilien, die sich
für eine solche Nutzung anböten und zählte mit der ehemaligen
Arztpraxis Gehse, der früheren Metzgerei Ecke Mittelweg
/ Neue Straße und dem Farbengeschäft in der Hauptstraße
gleich drei untersuchte Standorte auf. Er forderte im
gleichen Atemzug von der Verwaltung, herauszufinden,
warum die Verhandlungen mit den Eigentümer gescheitert
seien und stellte die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung
von Umbauarbeiten durch die Gemeinde in den Raum.
Jürgen Heitz (SPD) schloß sich
der Warnung Oesterles, den Polizeiposten in den Mittelpunkt
der Überlegungen zu stellen, an, denn es gebe kein Gewähr
dafür, daß der Polizeiposten auf Dauer in Iffezheim
bleibe.
Einstimmig beauftragte der Rat
die Architekten, die Varianten einer reine Bibliothek,
eines Bürgerhauses mit Bibliothek und Ratssaal und dessen
Ergänzung durch den Polizeiposten zu skizzieren und
die Kosten der Lösungen herauszuarbeiten.
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