Ein variationsreiches Klangerlebnis
Normalerweise wartet der gemeine
Iffezheimer und Musikfreund ein Gewitter lieber daheim
am wärmenden Ofen ab. Am Osterabend ließ er es sich
jedoch nicht nehmen, das Klanggewitter des Musikvereins
Iffezheim in der proppenvollen Festhalle mitzuerleben
.
Mit ihren profunden Kenntnissen
über Stücke und Komponisten führte Waltraud Godbarsen
die Zuhörer durch die phantasievollen Klanggemälde,
bei denen es die Musiker unter Leitung von Friedel Seifert
mit leichter Hand verstanden, Liebe, Hass, tosende Ströme
und vor sich hinplätschernde Bächlein zu zeichnen. Wie
anders als mit der majestätischen Fanfare im kleinen
Blech der „Concert Prelude“, dem Erstlingswerk Philip
Sharkes, des zur Zeit erfolgreichsten Komponisten, konnte
der Musikverein den Abend eröffnen. Jener Fanfare, die
später von einer mit einem lebhaften Allegro untermalten
Ostinatobegleitung der Alt- und Tenorregister abgelöst
wird.
Ihr folgte als zweites Stück der
„Zweite Walzer“ der „Jazz Suite Nr 2“ von Dimitri Schostakowitsch,
dem schrägsten Musikclown, den das Sowjetsystem gerade
noch zuließ. In diesem Stück gelingt Mitja die Vermählung
des Straußschen Dreivierteltakt mit der russischen Schwermut.
In der Ode an die unbekannte Louise
aus Montfoort von Michael Bergson konnte Stefanie Rohr
ihr ganzes Können am Saxophon zur Geltung bringen. Mit
diesem Stück hatte sie sich im vergangenen November
das Jungmusikerabzeichen in Gold erspielt und konnte
auch am gestrigen Abend das Publikum überzeugen, wie
der begeisterte Applaus bewies.
Musikalischer Höhepunkt des ersten
Konzertteils war die Blasmusikkomposition „Noah's Ark“.
In vier Sätzen erzählt Bert Appermont die alttestamentarische
Geschichte der Sintflut. Mit dumpfen Tuben und Trompeten
schilderte das Orchester Noahs Wehmut und Pein um die
gottlose, verfallende Welt. Seine Idee in einer Arche
die Tiere und die Menschen guten Herzen
zu retten gipfelte in der Karawane in welcher diese
paarweise in das lebensrettende Schiff einzogen. Die
Schleusen öffneten sich, die Gewalten stürzten auf die
kleine Nußschale ein und die ein halbes Dutzend Musiker
umfassende Rhythmusgruppe hatte alle Hände voll zu tun,
um Sturm, Regen, Donner und Blitz brillant nachzuzeichnen.
Als winziger Punkt inmitten der
öden Meereswüste harrte das Leben auf Rettung, auf die
durch die Ostinati der Querflöten und zirpenden Klarinetten
angekündigte Taube, deren mitgebrachter Ölzweig trockenes
Land versprach. Mit Jubel blühte die Natur wieder auf,
siegte das Gute.
Mit der im Stile eines John Philipp
Susa gehaltenen weltweit bekannten Filmmusik „Die Schlacht
um Midway“ des fünffachen Oscarpreisträgers John
William entließen die Musiker des Großen Orchesters
die Zuhörer in die Pause.

Den Broadway nach Iffezheim holte
das Jugendorchester, das die Zuhörer unter Leitung von
Mathias Lang mit dem Musical „Grease“ empfing und
mit der brasilianischen Variante des Jazz in Quincy
Jones „Soul Bossa Nova“ noch einen drauf setzte.
Leicht, rhythmisch und fröhlich
nahm das Große Orchester mit „Joy of Music“ seinen Part
wieder auf, um mit „Die glorreichen Sieben“ einen grandiosen
Welterfolg zu präsentieren. Kraftvoll breiteten
die Bläser die Handlung des besten Western aller Zeiten,
von der Ankunft der Sieben im mexikanischen Dörfchen,
die Harmonie und Feste mit den Einwohner und schließlich
den Stunden des Kampfes vor dem Publikum aus. Ein Musikbogen,
der Millionen von Raucherlungen als Werbemusik des Malboro-Mannes
bekannt ist. Aus den turbulenten Szenen des Kampfes
tauchte das Orchester in die sanften Melodien Sachmo
Louis Armstrong ein und beschrieb voll Poesie die blühenden
Rosen, die Sterne, den Regenbogen, kurz „What a wonderfull
World“. Nach der Erdnußserenade des frankophilen Kubaners
Moises Simons sorgte der Musikverein mit „Love is blue“
für den gewissen „Aha“-Effekt. Handelte es sich dabei
doch um jenen Titel, mit dem die junge Vicky Leandros
1967 für Luxemburg den vierten Platz beim europäischen
Sängerwettstreit belegte. Mit dem Medley bekannter Melodien
von Benny Goodman, dem „King of Swing“, kam die große
Stunde von Mathias Lang, der mal jazzig dreckig, mal
harmonisch swingend die Soloparts auf der Klarinette
übernahm und dafür vom Publikum frenetisch gefeiert
wurde. Mit „There's no Business like Show Business“
setzte der Musikverein Iffezheim im Big Band Stil einen
ausdrucksstarken Schlußpunkt hinter ein gelungenes Konzert.
Daß die Bläser des Musikvereins
nicht bloß ihre Backen aufblasen, sondern daß dabei
noch ein variationsreiches Klangerlebnis herauskommt,
dankte ihnen das Publikum mit stehenden Ovationen. Die
Iffezheimer Musiker zögerten nicht, „Über sieben Brücken
mußt Du gehen“ zuzugeben. Mit der Ouvertüre aus „Wilhelm
Tell“ gab Friedel Seifert seinen Musikern dann den Rest.

Alfons Ruf vom Mittelbadischen
Blasmusikverband nahm den großen Rahmen des Konzertes
zum Anlaß Beate Müller für 25 aktive Jahre im Blasorchester
mit der silbernen Ehrennadel und Willi Kobialka für
ein halbes Jahrhundert aktiven Musizierens mit der großen
goldenen Ehrennadel auszuzeichnen. Musikervorstand Manfred
Burkart ehrte Petra Burkart, Wiebke Ziegler und Michael
Hilser für je zwei Jahrzehnte aktive Zugehörigkeit zum
Musikverein.
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