Boxen auf für die fünfte Jahreszeit

Alle Jahre wieder bricht die „innigst
geliebte, heiß ersehnte Faßnachtszeit“ so um diese
Jahreszeit im Renndorf an. Und wie immer ließ es sich der
Iffezheimer Carnevalsclub nicht nehmen, seine Faßnachtsgalopper
aus Deutschland, Frankreich, England und Italien zu einem in
fulminanten Start in die fünfte Jahreszeit aus den Boxen zu
lassen. Einen Volltreffer landete der IIC mit seinem Jahresorden, der
den blassen Auftritt des neuen Gemeindelogos thematisiert.
Traditionell übernahm der
Fanfarenzug die Einheizerrolle, eine Aufgabe, derer er sich mit einem
Udo-Jürgens-Potpouri und deftigem Rock 'n' Roll gewohnt
blitzsauber entledigte.
Als Rennbahnbesucher blickte Rüdiger
Zoller durch seinen Feldstecher auf die große Politik wie
Kyoto, die EU-Verfassung und andere Fehlstarts und Behinderungen, wie
auch auf die kleine Politik in der sich Wassergräben durch
Sporthallen zogen und und Rennveranstalter auf Schuldenbergen saßen.
Um mehr Wirkung zu erzielen, sollte Rüdiger auf eine spritzige
Kurzstrecke umstellen.
„Unter dem Meer“ trieb es die
Mini-Garde so bunt, daß selbst die Languste aus der Puste kam,
was dem Publikum die erste Rakete des Abends wert war.
Die Festhalle blieb zwar knapp davor
verschont, angezündet zu werden, die bauchredenden Gebrüder
Martin und Walter Fleck aus Au brachten den Saal aber auch so mit
ihren Witzen und Kalauern ums Jagen vor dem Schnellbahntunnel oder
dem Friedhof großen und ebenso toten Ried zum Kochen.
Klassischen Gardetanz legten Mädchen
des TSV Landau auf die Iffezheimer Bühne, aus deren Reihen auch
das Tanzpaar Markus Nily und Pia Knöller stammt, welches das
Publikum davon überzeugte, zu Recht im Halbfinale der
„Deutschen“ zu stehen.
Als Vollprofi erwies sich Jolanda
Merkel in ihrem viertem Büttenjahr: akribisch und jahreszeitlich
gewichtet hatte die Zwölfjährige die Fehltritte ihres auch
ohne Faßenacht weißwandigen und halbnackt durch Iffze
fahrenden Familienernährers in ihrem Tagebuch festgehalten.
Einen Blick aus dem unbesetzten Gallien
über die Grenze warfen der mollig runde Obelix (Armin Merkel),
sein gnitzer Kumpel Asterix (Harald Kraft) mit elegant schulterlangem
Haar und der Zaubertrank köchelnde Druide Miraculix (Christoph
Laubel), um festzustellen, daß auch das Renndorf seine
spinnenden Römer habe, wie die zur Siegerehrung zu spät
kommende Rennstallbesitzerin, über nacht alternde
Sängervorstände, Batterie wechselnde Bomber und
heiratsvermittelte Pfarrer.
Zwei Vollblutfaßenachter und ein
bekanntes Stück, auf dieses Erfolgsrezept setzten Erika und Otto
Himpel, und wurden vom Publikum frenetisch gefeiert für ihre
iffzerisch-pfälzische Interpretation der Geburtstagsfeier der
jünger denn je aussehenden Miß Sophie mit ihren
verstorbenen Weggefährten und ihrem Butler James, der die Becher
von Sir „Cheerio“ Toby, Admiral „Skol“ von Schneider, Mr.
„Ein gutes Neues Jahr“ Pommeroy und Mr. Schwerenöter
Winterbottom „Augen zu und Ex“ wie's Iffzer Gräwwelewasser
hinunterstürzte und sich dann „same procedure than every vear“
mit der Hausherrin zurückzog.
Unter harten Rhythmen tanzte sich die
ICC-Jugend durch indische Tempel.
Als der Rieder Bauerntrampel „Zita
midd da Giddar“ (Karin Kratzer) kongenial und nur allzu wortgetreu
Interview und Liedgut der englischen Diva und „Queen of Blues“
Wendy Lator (Beate Hauns) übersetzte, mußte dies
unweigerlich dazu führen, daß das Publikum seine
„Gichtknochen“ rhythmisch in Bewegung setzte und laut den Refrain
„Alleieieieieine“ mitgröhlte.
Ins karnevalistische Venedig entführten
die Gondolieri des Männerballetts das Publikum um es bei
grazilen Tanz und mit gestählten Muskeln in ihren Bann zu
schlagen.
Getreu ihrem Motto „'s isch nedd
schwierig, jeder Mensch bruchd ä bissl Lyrik“ versuchte die
ostfranzösische Maîtresse Grullemaier (Beatrix Pflüger)
den Rennböcken über's Reimen etwas „Kültür“
beizubringen.
Die „Iffzer Stromer“ ließen
es sich nicht nehmen, nach Jahrzehnten erstmals wieder die
wiedervereinigten Beatles auftreten zu lassen. In den eingedeutschten
Texten der Pilzköpfe nahmen sie die Fehltritte der Iffzer auf's
Korn wie etwa das spritsparende Auto-nach-Hause-schieben, riefen dem
wasserdurchlässige Turnhallen bauenden Architekten ein „Let it
be“ zu und empfahlen der Gemeinde sich für zukünftige
Hallenüberschwemmungen ein „Gelbes Gummiboot“ zuzulegen. Der
die Sitzung verschlafende Begleitmusik-Müller kam bei dem
Rundumschlag ebenso wenig zu kurz wie der Jungunternehmer, der von
seinem Vater nicht nur das Baugeschäft sondern auch die
aushäusigen Trink- und Schlafgewohnheiten übernommen hatte.
Im Rahmen der ersten Prunk- und
Fremdensitzung des Iffezheimer Carnevalclubs erhielten Edeltraut
Merkel für ihre langjährige Unterstützung der
Minigarde und des Elferrates, sowie Bürgermeister Peter Werler
für das wasserdichte neue Vereinsheim des ICC Ehrenmützen
verliehen. Bürgermeister Werler erhielt zum Proben für
künftige, spritzfreie Faßanstiche das nötige Werkzeug
obendrein.
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