Hydra Traubenkirsche bedroht den Wald
Gemeinderat, Umweltausschuß,
Jagdpächter und Vertreter der Bildungseinrichtungen machten sich
am Mittwochabend per Fahrrad zur jährlichen Waldbegehung auf.
Beherrschendes Thema war die Kultursicherung in der Folge der
Wiederaufforstungen nach „Lothar“.
 Umringt
von Traubenkirschen
Der Hirschacker und der Oberwald waren
dieses Jahr Ziele der Exkursion in die Wälder der Renngemeinde,
die ein Drittel der Gemarkungsfläche bedecken, wie Bürgermeister
Peter Werler vorstellte. Am stärksten seien die auf den
Sturmflächen neu gesetzten Forstpflanzen durch die spätblühende
Traubenkirsche (prunus serotina) bedroht, stellte Förster Nobert
Kelm, die bei uns nur strauchartig wachsende Kirsche, die im 17.
Jahrhundert aus Nordamerika nach Deutschland kam, vor. Am Beispiel
der Sturmfläche 15 verdeutlichte Kelm das aggressive Wachstum
der Pflanze: innerhalb von zwei Jahren seien die Kirschsträucher
auf breiter Fläche auf bis zu drei Meter hochgeschossen. Damit
nähmen sie den Forstpflanzen Sonne und Licht, weshalb diese in
der Folge eingingen. Der Artenreichtum sei somit stark bedroht. Die
Pflanze habe Züge der Hydra, so der Förster weiter, beim
Aushieb bis hinunter zum Wurzelstock, würde dieser sofort zehn
neue Sprößlinge austreiben, so daß alle zwei Jahre
in aufwendiger Handarbeit die Pflanze bekämpft werden müsse.

Traubenkirschen
so weit das Auge reicht
Selbst die Naturschützer begännen
mittlerweile darüber nachzudenken, die Wurzelstöcke
selektiv chemisch abzutöten um dieser Gefahr für die
heimische Flora und Fauna Herr zu werden. Wie Forstamtsleiter Heinz
Wicht vertiefte, mache die Traubenkirsche vor nichts Halt und
bevölkere auch Sandrasen und andere Extremstandorte. Nahezu
unkontrolliert breite sie sich im märkischen Sand um Berlin aus.
Gegenüber dort oder im ebenfalls stark betroffenen Nordbaden,
sei Mittelbaden noch im Stadium „Wehret den Anfängen“.
Wie dies bereits bei der Aufforstung
der Sturmflächen praktiziert werden kann, verdeutlichte Nobert
Kelm an einer weiteren Sturmfläche, auf der vor Beginn der
Pflanzung der komplette Oberboden auf Maden zusammengeschoben worden
war und in Reihen Kiefern, Douglasien und Laubbäume direkt in
den blanken Kies gesetzt worden waren. Die Kiefern dienten als
„Steigbügelhalter“ der hochwertigen Douglasien und würden
diese mit in die Höhe ziehen. Die Laubbäume würden
nach gewisser Zeit mit ihren Kronen Schatten werfen, den die
Traubenkirsche überhaupt nicht vertrage und in welchem sie an
allerlei Parasiten und Krankheiten einginge. Die Kiefern würden
über die Jahre hinweg als Christbäume und Schwachholz
verkauft, Ziel der vorgestellten Pflanzung seien die zu guten Preisen
veräußerbaren Douglasien- und Laubholzstämme, die bei
ihrer Ernte nebenbei mit ihren Kronen für reichlich Brennholz
sorgen werden, erläuterte der Förster. Zum Schutz vor
Wildverbiss und fegenden Böcken wurden die großflächigen
Neuanpflanzung mittlerweile nahezu vollständig eingezäunt.
Die Selbstheilungskräfte der Natur
demonstrierte Nobert Kelm im Oberwald, in welchem er 2001 eine
sechzehn Quadratmeter große Fläche markiert hatte, in
welcher 98 Bäume wild aufgegangen und damals zwischen 30 und 40
Zentimer hoch waren. Fünf Jahre später messen die
Nadelbäume gut 3,50 Meter. Durch Verdrängung seien 40 Bäume
eingegangen, so der Förster weiter. Im Gegensatz zum Füllhorn
der Natur, würden bei Neuanpflanzungen nur 6 Bäume auf der
gleichen Fläche gesetzt werden. Diese hätten in den
trockenen Sommern Schaden genommen und seien zum Teil eingegangen,
weshalb diese Flächen aus der Förderungskontrolle genomemn
wurden, um der Gemeinde etwas Luft bei der erneuten Neubestockung zu
geben, erläuterte Forsamtsleiter Wicht.
Johanna Laubel vom Kindergarten Sankt
Martin stellte den Räten mit dem „Waldkindergarten“ die
pädagogische Nutzung des Waldes vor. Vor vier Jahren habe alles
auf einer durch Lothar geschlagenen Lichtung bei der Römerhütte
begonnen. Einmal in der Woche seien 20 bis 26 Schulanfänger
ausgezogen, um aus Ästen und Wurzeln eine Hütte zu bauen.
Baumstümpfe wurden zu Werkbänken umfunktioniert und die bei
der Holzernte anfallende Sägespänne zu Waldkonfetti
umgenutzt. Mittlerweile hätten sich die Aktivitäten auf die
andere Seite der Sandbach verlagert, auf der die Kinder aus Stöcken
und Ästen ein „Waldsofa“ als Ersatz für den Stuhlkreis
flochten. Ein selbst angelegter Barfußpfad und der
„Waldwebrahmen“ zeugten von den Aktivitäten der Iffezheimer
Knirpse. Der Wald habe die Kinder so begeistert, daß er sie
auch in der Schulzeit nicht mehr losließe, berichtete Norbert
Kelm. Auf Drängen der ABC-Schützen habe er mit ihnen eine
“Waldweihnacht“ gefeiert.
Ein weiteres pädagogisches Projekt
stellten Förster Kelm und Realschulrektor Hans-Jörg Deck
vor: Majas Hotel. Eine von der Realschulklasse 7a im diesjährigen
Früjahr erstellte Wohnwand für die heimischen Wildbienen.
Mit viel Spaß und Engagement hätten die Schüler
innerhalb der zweiwöchigen Projektdauer das Thema in Theorie und
Praxis beackert, mit dem Resultat des Bienenhotels, dessen zahlreiche
Brutlöcher eifrig beflogen wurden, wie die Räte sich
überzeugen konnten.
Zum Abschluß de Exkursion
besichtigten die Räte die letzte Stufe der
Sandbachrenaturierung, die im Winter reaktivierte alten
Sandbachschlinge, die bei Hochwasser geflutet wird.
Die Waldbegehung fand im Vereinsheim
der Schützen bei Rehbraten und Deutschlandspiel ihren
erfreulichen Abschluß.
|