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14. Juni 2006

 

 

Hydra Traubenkirsche bedroht den Wald

 

Gemeinderat, Umweltausschuß, Jagdpächter und Vertreter der Bildungseinrichtungen machten sich am Mittwochabend per Fahrrad zur jährlichen Waldbegehung auf. Beherrschendes Thema war die Kultursicherung in der Folge der Wiederaufforstungen nach „Lothar“.


Umringt von Traubenkirschen

Der Hirschacker und der Oberwald waren dieses Jahr Ziele der Exkursion in die Wälder der Renngemeinde, die ein Drittel der Gemarkungsfläche bedecken, wie Bürgermeister Peter Werler vorstellte. Am stärksten seien die auf den Sturmflächen neu gesetzten Forstpflanzen durch die spätblühende Traubenkirsche (prunus serotina) bedroht, stellte Förster Nobert Kelm, die bei uns nur strauchartig wachsende Kirsche, die im 17. Jahrhundert aus Nordamerika nach Deutschland kam, vor. Am Beispiel der Sturmfläche 15 verdeutlichte Kelm das aggressive Wachstum der Pflanze: innerhalb von zwei Jahren seien die Kirschsträucher auf breiter Fläche auf bis zu drei Meter hochgeschossen. Damit nähmen sie den Forstpflanzen Sonne und Licht, weshalb diese in der Folge eingingen. Der Artenreichtum sei somit stark bedroht. Die Pflanze habe Züge der Hydra, so der Förster weiter, beim Aushieb bis hinunter zum Wurzelstock, würde dieser sofort zehn neue Sprößlinge austreiben, so daß alle zwei Jahre in aufwendiger Handarbeit die Pflanze bekämpft werden müsse.

 

Traubenkirschen so weit das Auge reicht

Selbst die Naturschützer begännen mittlerweile darüber nachzudenken, die Wurzelstöcke selektiv chemisch abzutöten um dieser Gefahr für die heimische Flora und Fauna Herr zu werden. Wie Forstamtsleiter Heinz Wicht vertiefte, mache die Traubenkirsche vor nichts Halt und bevölkere auch Sandrasen und andere Extremstandorte. Nahezu unkontrolliert breite sie sich im märkischen Sand um Berlin aus. Gegenüber dort oder im ebenfalls stark betroffenen Nordbaden, sei Mittelbaden noch im Stadium „Wehret den Anfängen“.

Wie dies bereits bei der Aufforstung der Sturmflächen praktiziert werden kann, verdeutlichte Nobert Kelm an einer weiteren Sturmfläche, auf der vor Beginn der Pflanzung der komplette Oberboden auf Maden zusammengeschoben worden war und in Reihen Kiefern, Douglasien und Laubbäume direkt in den blanken Kies gesetzt worden waren. Die Kiefern dienten als „Steigbügelhalter“ der hochwertigen Douglasien und würden diese mit in die Höhe ziehen. Die Laubbäume würden nach gewisser Zeit mit ihren Kronen Schatten werfen, den die Traubenkirsche überhaupt nicht vertrage und in welchem sie an allerlei Parasiten und Krankheiten einginge. Die Kiefern würden über die Jahre hinweg als Christbäume und Schwachholz verkauft, Ziel der vorgestellten Pflanzung seien die zu guten Preisen veräußerbaren Douglasien- und Laubholzstämme, die bei ihrer Ernte nebenbei mit ihren Kronen für reichlich Brennholz sorgen werden, erläuterte der Förster. Zum Schutz vor Wildverbiss und fegenden Böcken wurden die großflächigen Neuanpflanzung mittlerweile nahezu vollständig eingezäunt.

Die Selbstheilungskräfte der Natur demonstrierte Nobert Kelm im Oberwald, in welchem er 2001 eine sechzehn Quadratmeter große Fläche markiert hatte, in welcher 98 Bäume wild aufgegangen und damals zwischen 30 und 40 Zentimer hoch waren. Fünf Jahre später messen die Nadelbäume gut 3,50 Meter. Durch Verdrängung seien 40 Bäume eingegangen, so der Förster weiter. Im Gegensatz zum Füllhorn der Natur, würden bei Neuanpflanzungen nur 6 Bäume auf der gleichen Fläche gesetzt werden. Diese hätten in den trockenen Sommern Schaden genommen und seien zum Teil eingegangen, weshalb diese Flächen aus der Förderungskontrolle genomemn wurden, um der Gemeinde etwas Luft bei der erneuten Neubestockung zu geben, erläuterte Forsamtsleiter Wicht.

Johanna Laubel vom Kindergarten Sankt Martin stellte den Räten mit dem „Waldkindergarten“ die pädagogische Nutzung des Waldes vor. Vor vier Jahren habe alles auf einer durch Lothar geschlagenen Lichtung bei der Römerhütte begonnen. Einmal in der Woche seien 20 bis 26 Schulanfänger ausgezogen, um aus Ästen und Wurzeln eine Hütte zu bauen. Baumstümpfe wurden zu Werkbänken umfunktioniert und die bei der Holzernte anfallende Sägespänne zu Waldkonfetti umgenutzt. Mittlerweile hätten sich die Aktivitäten auf die andere Seite der Sandbach verlagert, auf der die Kinder aus Stöcken und Ästen ein „Waldsofa“ als Ersatz für den Stuhlkreis flochten. Ein selbst angelegter Barfußpfad und der „Waldwebrahmen“ zeugten von den Aktivitäten der Iffezheimer Knirpse. Der Wald habe die Kinder so begeistert, daß er sie auch in der Schulzeit nicht mehr losließe, berichtete Norbert Kelm. Auf Drängen der ABC-Schützen habe er mit ihnen eine “Waldweihnacht“ gefeiert.

Ein weiteres pädagogisches Projekt stellten Förster Kelm und Realschulrektor Hans-Jörg Deck vor: Majas Hotel. Eine von der Realschulklasse 7a im diesjährigen Früjahr erstellte Wohnwand für die heimischen Wildbienen. Mit viel Spaß und Engagement hätten die Schüler innerhalb der zweiwöchigen Projektdauer das Thema in Theorie und Praxis beackert, mit dem Resultat des Bienenhotels, dessen zahlreiche Brutlöcher eifrig beflogen wurden, wie die Räte sich überzeugen konnten.

Zum Abschluß de Exkursion besichtigten die Räte die letzte Stufe der Sandbachrenaturierung, die im Winter reaktivierte alten Sandbachschlinge, die bei Hochwasser geflutet wird.

Die Waldbegehung fand im Vereinsheim der Schützen bei Rehbraten und Deutschlandspiel ihren erfreulichen Abschluß.

 

 
Euer Kommentar an Matthias  

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