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09. März 2005

 


En arg schener Obend 

„En arg schener Obend“ verbrachten die zahlreichen Gäste des Fördervereins der Haupt- und Realschule Iffezheim mit einem begnadeten Beobachter, der auch noch die Kunst beherrscht, das Leben unprätentiös und mit kraftvollem Dialekt zu schildern. Kongenial wurde der Mundartdichter Harald Hurst von Hubert Müller am Klavier begleitet; mit einer Musik „so sche, als ob ma Nutella auf's Brot schmiert.“
Wahrlich „aus dem Leben gegriffen“ waren die von Harald Hurst präsentierten Stücke, die beim Zuhörer vom verständnisvollen Lächeln bis zum kraftvollen Wiehern sämtliche Nuancen des menschlichen Entzückens entlockten. Als Mundartdichter führte er seine Zuhörer zunächst in den Begriff Heimat ein. Heimat, sei da, wo „einem die Leidd vastehe“, wo es „gmiedlich isch“. Zwar versuche der Deutsche sich auch in südlichen Urlaubsgefilden „gmiedlich“ einzurichten, da werden gleich Tische zusammengestellt, „gmiedlich ebbs gedrunge“ bis sich die bleiklotzige Seele im rauschhaften Gefühl von Heimat singend zum Lustgipfel emporschwingt und er anfängt im Sitzen zu tanzen. Bei jedem teutonischen „Bums-Fallera“ zuckten die Einheimischen verständnislos zusammen. „Awa des Bums-Fallera muß ma au nedd vasteh, 's langd wenn man 's herd“. Schließlich überwiege doch das Heim- das Fernweh und es ziehe einem dahin zurück, wo man gut bürgerlich essen kann, wo's „gmiedlich isch“: in d'Heimat,  und „deß isch do, wu ma nedd uffald“.
Seine Lieblingsjahreszeit sei  der Herbst, bekannte Hurst. Da die Welt aussähe, als sei sie „in d' Spühlwassabrieh gfalle“ brauche man keine  Pläne für's Wochenende schmieden. Nach einem Drei-Kannen-Kaffee-Frühstück könne man ruhig und gelassen ins Bett zurückriechen und all die Wiederholungen im Fernsehen anguggen, die man eh' schon kenne. „Ä gmiedlich, gsunds und billigs Lebe“, bis dann der Frühling wie eine Razzia einfalle und "'s nauszus gehe" und Du wieder Pläne für's Wochenende machen musst um „'raus an d'Luft z'geh“, als ob man „daheim kei Luft hädd!“.  Das "Mach abba schnell, sonschd brauche ma nimme fort" der Gattin halle noch durch die Wohnung, und schon wirst Du von denen in Deinem trauten Heim überfallen, die mit dem Pläne schmieden vor Dir fertig waren.
Trotz der jäh zu Ende gehenden Faulenzerei kann Harald Hurst dem Frühling doch etwas abgewinnen:  Es grüne und blaue, der Spargel sprenge sich durch den Sand, von den Frauen sähe man endlich auch mal wieder die unnere Hälfd: „Du fühlst Dich wieder jung, blos nimme so schnell!“.
Wie so viele Badner braucht auch der bekennende Nicht-Schwabe Hurst die Ostbadner, um zu definieren, was der Badner nicht ist. Dem mentalen Kernsatz des Schwaben: „des mus jetzt ned sei!“, setzte er sein: das Leben beginne gerade da, „wo ma Sache machd, die nedd sei miesde“ entgegen. Und schon entführte er die Zuhörer in die Fast-Großstadt Stuttgart, deren Einwohner getreu dem Motto „Zeit ist Geld“ wie ein „schaffiger Ameisenhaufen“ herumirren. Er ließ die Zuhörer mitlauschen, an dieser Sprache, die sich anhöre als sei „sei sie ä bissle 'zlong im Mund rumgschlotzt worre“ und die auch den überkandidelsten Spätzle-Yuppie mit Lederkoffer und Lackschiele wieder Mensch, wieder Erich werden ließe.
Obwohl er immer wieder beteuerte, es sei unmöglich im Dialekt Liebesgedichte zu verfassen, strafte er sich mit seiner „Schluplöchersproch“, dem Dialekt, der so na an der Handlung sei, daß man selbst beim Schreiben nicht still sitzen könne, Lügen und setzte mit einem Auszug aus seinem Theaterstück „Fuffzich“ an „eme arg schene Obend“ einem fulminaten Schlußpunkt um's „frohsinnige Aufbäumen in nostalgischer Extase“, um's „Neifeire“

 

Komm, geh fordd!

 
Euer Kommentar an Matthias

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