Ökologie
und Naturschutz
Unter dieses Motto stellte Bürgermeister
Peter Werler die diesjährige Waldbegehung. An Hand ausgewählter
Standorte im Niederwald und der Geggenau informierten Gemeindeförster
Nobert Kelm und der Leiter des Rastatter Forstamtes Heinz Wicht den Gemeinderat
über die naturnahe Gestaltung des Waldes.
Als
außerordentlich interessante und lehrreiche Waldbegehung bilanzierte
Bürgermeister Peter Werler die dreistündige Rundfahrt durch
Teile des Gemeindewaldes. Begonnen hatte die Tour im „Forlenspitzen“ westlich
des Kühl-Sees. Wie Norbert Kelm erläuterte, habe der Sturm „Lothar“
1999 keine Forlen, sondern nur noch Eichen und Buchen in dem Distrikt übrig
gelassen. Die von Lothar gerissenen Flächen seien extensiv aufgearbeitet
worden, so daß liegendes und stehendes Totholz übrig gelassen
wurde. Der „Forlenspitzen“ soll zu einem Dauerwald umgebildet werden, schilderte
Kelm die Zukunft des Waldstückes. Künftig soll er Bäume
jeden Alters, von ganz jung über fast hiebreifes Altholz bis zum Totholz,
in dem sich Spechte ansiedeln, beherbergen. Die ältesten Bestände
wiesen derzeit ein Alter von 170 Jahren aus, so der Förster. Die von
Lothar gerissenen Teilflächen böten die Chance, das System, bei
dem alle Bäume eines Distriktes das gleiche Alter haben zu durchbrechen
und vom Alterklassenwald hin zum Dauerwald zu kommen. Im Dauerwald wird
es künftig keinen Kahlschlag mehr geben, er werde in Einzelstammnutzung
bewirtschaftet. Die dadurch entstehenden Freistellen werden künftig
der Natur zu Verjüngung überlassen, so der Förster. Norbert
Kelm sieht sich verpflichtet, den von den Vätern und Ahnen übernommenen
Wald intakt an nachfolgende Genrationen weiterzugeben. Heinz Wicht
ergänzte, daß durch die jetzigen waldökologischen Maßnahmen
langfristig eine sich aus sich heraus verjüngende Altholzkulisse entstehen
werde. Auf Dauer werde man eine hohe Waldbestockung erhalten, bei der der
Holzeinschlag auf das Konzept abgestimmt sei, entgegnete er auf Rückfrage
von Hubert Schneider (CDU). Herbert König, zweiter Vorsitzender der
Initiativgruppe Naturschutz (INI), begrüßte das vorgeschlagene
Konzept, und machte deutlich, daß die INI großen Wert
auf Alt- und Totholzbestände lege. Er regte darüber hinaus an,
Zellen zu schaffen, die völlig sich selbst überlassen werden
sollten und in denen „Geduld mit der Natur“ geübt werden sollte. Wie
Altbürgermeister Otto Himpel einfließen lies, sei offen, ob
künftige Generationen dieses Konzept weiterverfolgen würden,
und erinnerte daran, daß zu Beginn seiner Amtszeit der Gemeinderat
den „Forlenspitzen“ zu Gunsten des Kiesabbaus aufgegeben hatte und nur
ein Machtwort des damaligen Regierungspräsidenten den Wald gerettet
habe.
Im Naturschutzgebiet „Iffezheimer
Sanddünen“ wurden die Radfahrer von Reinhold Treiber von der Bezirksstelle
Naturschutz Karlsruhe an der mit 18 Metern zweithöchsten Düne
Baden-Württembergs erwartet. Treiber ging kurz auf die Entstehung
der Dünen vor 10 000 Jahren ein, als der Wind den Sand aus den vegetationslosen
Rheinauen zu Dünen zusammengetrieben hatte. Der trockene und saure
Quarzsandboden sei ein Extremstandort für Hungerkünstler erläuterte
Treiber das Milieu und führte in einem kleinen Naturlehrpfad Flora
und Fauna vor. Angefangen von der anspruchslosen Kiefer, die auf Grund
ihres verhaltenen Wachstumes sehr feinringig sei und ihres Schmarotzers,
der Kiefernmistel, über Rentierflechten, Silbergras und stark gefährdeter
Blumen wie das Sandglöckchen bis hin zu den 110 Arten von solitär
lebenden Wildbienen die auf den Dünen gezählt wurden. Gefährdet
sah Treiber das Biotop vor allem durch Neophyten wie die vom nordamerikanischen
Kontinent eingeschleppten Pflanzen Traubenkirsche oder Goldrute. Auch Heinz
Wicht sah in dem ca. 3 ha großen trockensten Teil der Iffezheimer
Hardt etwas Besonderes und absolut Erhaltenswertes. Zum Erhalt des Biotops
empfahl er, offene Sandstellen zu schaffen, in welche die Wildbienen ihre
Brutlöcher graben könnten, die Kiefern zu erhalten und das Unterholz
zu pflegen. Der motor-manuellen Pflege stellte er die um zwei Drittel billigere
Pflege durch Ziegen gegenüber. Treiber berichtete von den Erfolgen
der Ziegen bei der Pflege des ehemaligen Truppenübungsplatzes in Sandweier,
die dort die Traubenkirschen „echt fertig machen würden“ und Rubinien
und Brombeeren ebenso beikämen. Für die Pflege stellte Treiber
Mittel aus dem FFH-Programm in Aussicht. Um „die Menschen mitzunehmen“
empfahl Treiber die Einrichtung eines Naturerlebnispfades mit Schautafeln
und Broschüren.
Von
der nach Wicht „explosionsartigen, ungehemmten“ Naturverjüngung nach
Lothar konnten sich die Räte am Gestadebruch nahe der Natostraße
ein Bild machen. Auch hier soll durch Naturverjüngung ein Dauerwald
entstehen und der Galleriewald entlang des Bruches erhalten werden, so
Wicht. Zusammenfassend erläuterte Wicht, daß mit 186 Hektar
in knapp einem Drittel des Iffezheimer Waldes eine naturnahe, ökologische
Zielrichtung verfolgt werde. Vor einer weiteren Ausweitung dieser Flächen
empfahl er eine Grundsatzdiskussion zur Gesamtzielsetzung der Waldnutzung.
Bevor die Waldbegehung an der Kessellochhütte bei Gegrilltem und Bier
ausklang zeigte Norbert Kelm in der Geggenau was er unter pfleglicher Waldwirtschaft
verstehe. Obwohl 500 Festmeter Holz geerntet wurden, sei kaum zu merken,
daß „jemand drin war“. Schluten und andere ökologisch wertvolle
Strukturen seien umfahren worden. „Nutzung muß nicht Sünde sein“
schloß Kelm seine Ausführungen.
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