Rathaus
gestürmt
Grob-günstiges
Narrengericht verurteilt Otto Himpel zum Märchenlesen und Singen

Quasi aus einer Besprechung wegen
des Tribünenneubaues zogen die Schergen des „grob-günstigen Iffzer
Narrengerichtes“ Bürgermeister Otto Himpel auf die Straße um
„dubiose Machenschaften“ aufzudecken. Der Staatsanwalt erhob die Anklage,
daß der Bürgermeister in seinem letzten Amtsjahr auf der faulen
Haut gelegen habe.

Da er nichts närrisch Verwertbares
produziert habe, müsse davon ausgegangen werden, daß er nichts
gearbeitet habe, denn nur wer arbeite mache Fehler. Weiterhin wurde ihm
vorgeworfen, durch sein, eines Bürgermeisters unwürdiges, Benehmen
Bewerber um das Amt abgeschreckt zu haben. Als gelebten Bürgersinn.
stellte hingegen die Verteidigung es hin, wenn Otto Himple während
der Großen Woche Bäume vom alten Laub befreit.
Besonders schwer wiege, so der Staatsanwalt,
daß er gegen seine eigenen Verordnungen verstoßen habe. So
habe er am Abend der Prunksitzung nach der Sperrstunde Sekt ausgeschenkt
und Brötchen zu Wucherpreisen verkauft. Die Verteidigung hielt dem
entgegen, daß er nur die Bewirtung der Gäste übernommen
habe, da der ICC dazu nicht mehr willens gewesen sei. Darum werde Himpel
als Pensionär die 24-Stunden-Kneipe „Ottos rund um die Uhr Absacker“
eröffnen.
Die Anklage warf dem Bürgermeister
außerdem Unterlassung zum Schaden der Gemeinde vor, da bei
den letzten Rathausstürmen keine Toilettenwagen gestellt wurden, müsste
nun auf Kosten der Gemeinde die Erde aus Rathaus- und Pfarrgarten als Sondermüll
entsorgt werden.

Als mildernde Umstände hielt
die Verteidigung dagegen, daß Himpel dieses Jahr den Toillettenwagen
selbst reinigen und die Leihgebühr fünf-Euro-weise von seiner
kümmerlichen Pension abstottern werde.
Weiterhin habe der Bürgermeister
die vor zwei Jahren verhängte Strafe -Märchenerzählen im
Ferienprogramm- nicht angetreten, so der Staatsanwalt. Dies habe das Vertrauen
der Kinder in die Politiker erschüttert. Daher forderte der Ankläger,
Otto Himpel angemessen zu bestrafen und da er Wiederholungstäter sei,
keine Gnade walten zu lassen. Die Verteidung verwarf alle Vorwürfe
als haltlos. Vom Gericht wurde Otto Himpel dazu verdonnert, ein von Manfred
Ell verfaßtes Märchen vorzulesen. Die Strafe war sofort anzutreten.
Und
so las denn Otto Himpel das Märchen vom 40-jährigen Jüngling
vor, der den König in seinem Amt beerbte und Herrscher in der wunderbaren,
weltbekannten Residenz wurde. Nach endlosen Jahren wurde er, dank der heftigen
Affäre mit Prinzessin Bombella, endlich zum Prinzen Otto dem I. gekührt.
Nach langen Amtsjahren danke er nun selbst ab. Die besondere Schwere der
Strafe bestand im Singen des Badner Liedes. Und Singen gehört bekanntlich
nicht zu Prinz Otto's Stärken. Aber die Iffzer standen ihm bei.

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