's
Musse Begge wärre hunnerd
Nach einem Eintrag im Gemeindebuch
Iffezheim richtete im Jahre 1902 Wilhelm Kronimus im von seinem Bruder
Ludwig erbauten Geschäftshaus in der Hügelsheimer Straße
(jetzt Café Derby), in dem bis dahin mit Kohlen, Seilen, Bier, Kurzwaren
und Spezereien gehandelt wurde, eine Bäckerei ein.
Erstes Geschäftshaus (nach einer Zeichnung von Carola Eßlinger)
Als Beruf von Wilhelm Kronimus verzeichnet
das Gemeindebuch: Schuster, Landwirt und Kaufmann. Für den Betrieb
der Backstube stellte er daher zwei Gesellen ein. Erst sein Sohn Anton
erlernte das Bäckerhandwerk und legte 1916 die Meisterprüfung
ab. Mit seiner Frau Karolina führte Anton die Bäckerei eigenständig
weiter.
Die ersten beiden Generationen Musse Begg:
sitzend: Anna und Wilhelm Kronimus
in der Mitte stehend: Anton Kronimus
1927 erbaute er in der Sternenstraße
auf der Ecke zum Mittelweg das noch heute genutzte Geschäftshaus mit
großzügiger Backstube und modernem Verkaufsraum. Anton Kronimus
beschäftigte mehrere Gesellen, darunter auch seinen Nachbarn Konrad
Lorenz.
Sternenstraße / Mittelweg
Die große Wirtschaftsdepression
ging auch an der Bäckerei nicht spurlos vorbei. Ohne Nebenerwerb in
der Landwirtschaft hätte die inzwischen sechsköpfige Familie
nicht ernährt werden können.
In die Fußstapfen des Vaters
trat Antons ältester Sohn Erwin. Nach der Lehre im elterlichen Betrieb,
zog es ihn nach Stuttgart. Wie die meisten Männer seiner Zeit wurde
Erwin Kronimus zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht eingezogen. Während
dieser Zeit betrieben seine Schwestern Trudel Morawe und Lena Laubel die
Bäckerei. Nach dem Krieg war Iffezheim von marokkanischen Spahi besetzt.
Am ersten Fastensonntag 1946 brachen mehrere Soldaten in die Bäckerei
ein. Ein Nachbar vertrieb die Einbrecher mit Schlägen. Des Angriffes
auf die Besatzungssoldaten für schuldig befunden wurde jedoch Erwin
Kronimus, der seinen Nachbarn nicht verriet und im französischen Militärgefängnis
in Freiburg landete. Durch diese unglücklichen Umstände kehrte
er erst 1947 in die Backstube zurück.
1948 legte Erwin Kronimus die Meisterprüfung
ab. Im selben Jahr heiratete er seine Frau Elsa geb. Heitz.
In den Jahren nach dem Krieg gedieh
der Betrieb so gut, daß in neue Öfen und Maschinen investiert
werden konnte. Obwohl nie Massenproduzent, belieferte die Bäckerei
mehrere Lebensmittelgeschäfte. In Wintersdorf wurde bis 1990 eine
Filiale betrieben. Während der Sommermonate betrieb die Bäckerei
einen Süßigkeiten- und Eisstand mit dem sie auf allen Vereinsfesten,
am Baggersee, am „Fahreck“ und natürlich während des Rennens
am „Raj“ präsent war. Hierbei waren alle Hände der Familien Heitz
und Kronimus im Einsatz. Das von Erwin Kronimus aufwendig hergestellte
Eis begeisterte die Iffezheimer, und so mancher Sonntagsspaziergang führte
seinetwegen bei „'s Musse Begge“ vorbei.
Für das bei den örtlichen
Mühlen abgegebene Korn erhielten die Landwirte Mehlgutscheine der
mit ihnen zusammenarbeitenden Bäcker. Die Bons konnten in der Backstube
für einen geringen Backlohn gegen Brot getauscht werden. Viele Iffezheimer
brachten ihr Brot und ihre Christstollen zum Backen zum „Musse Begg“.
Die 1982 eröffnete Filiale in der Bénazetstraße
Der 1949 geborene Sohn Nobert Kronimus
absolvierte neben seiner Bäckerlehre zusätzlich eine Ausbildung
zum Konditor im Baden-Badener Konditorei-Café Hofmann. Seither bietet
die Bäckerei Kronimus auch feine Konditoreierzeugnisse an. 1972 legte
Norbert Kronimus die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab und
übernahm 1990 die Bäckerei von seinem Vater Erwin. Seit 1999
steht mit Thomas Kronimus - nach abgelegter Meisterprüfung - die fünfte
Generation in der Backstube.
Drei Generationen Musse Begg in der Backstube:
Erwin, Thomas und Norbert Kronimus
Seit 1955 hat die Bäckerei Kronimus
über 30 Lehrlinge ausgebildet. Alle derzeitigen Meister in der Backstube
sind Eigengewächse. Der Betrieb wurde 1997 für seine vorbildliche
Lehrlingsausbildung ausgezeichnet.
Zur Feier des Betriebsjubiläums
öffnet die Bäckerei am Sonntag den 15.09.2002 ihre Türen.
Auf der Sternenstraße wird kräftig gefeiert. Ab 11 Uhr werden
Zwiebelkuchen und weitere Schmankerl angeboten. In der Backstube dürfen
die Kinder dem Bäckerhandwerk frönen. Der Erlös aus Tombola
und Schätzwettbewerb kommt der „Aktion 1972“ zu Gute.
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